Mein-Wuerzburg.com
Mein Wuerzburg
© 2015 - 2023 | Christoph Pitz,St.-Nepomuk-Str.6,D-97218 Gerbrunn | Datenschutzerklärung | Kontakt | Impressum
RUNDGANG 3: DAS LINKSMAINISCHE “MEEVIERTEL” Altes Würzburg - Linksmainisch - In Video- oder Textbegleitung So alt wie die Stadt selbst ist linksmainisch das 'Mainviertel' an Fluss und Fuß des Marienberges, welches der Volksmund im Fränkischen "Meeviertel" nennt. Gemeint ist damit, dass man hier wirklich in Würzburg angekommen ist. Über Generationen eingeborene Anwohner sind - wie in der Pleich und an ein paar anderen Stellen der Stadt - stolz auf die unverbrüchliche Zugehörigkeit zu ihrem Viertel und verstehen dies auch als Teil ihrer Identität. Manche sind sogar der Meinung echtere Würzburger zu sein, sie würden nie in eine andere Gegend der Stadt ziehen. Der eigentliche Stadtteil besteht nur aus einigen wenigen Strassen und Gassen, da zum einen überall der Marienberg mit der Festung im Weg steht und zum anderen die befestigte Stadt auf dieser Seite des Mains keine grössere Ausdehnung zuliess, nachdem das Hauptsiedlungsgebiet auf der rechten Mainseite entstanden war. Der einst malerische mittelalterliche Charakter ist mit der Bombardierung im 2. Weltkrieg gerade hier leider für immer verloren gegangen, da nur die wirklich bedeutenden Monumente wieder errichtet werden konnten und - viel mehr noch als auf der Altstadtseite - grosse Lücken nach und nach mit funktionalen Zweckbauten gefüllt wurden. Der komplette Rundgang im Video (mit Käppele) Mit der Stadt verbunden ist das Viertel direkt über die Alte Mainbrücke (15. - 17 Jhdt.). Im Süden wird es begrenzt durch die wunderbar und direkt am steilen Hang unter der Festung Marienberg gelegene, ehemalige Klosteranlage St. Burkard sowie dem benachbarten "Burkarder Tor" und einer der wenigen erhaltenen Bastionen der Stadtbefestigung. In der Mitte des Viertels ist das Herzstück die gotische Deutschhauskirche aus dem 13. Jahrhundert an der Zeller Berg genannten Anhöhe und dem dahinter anschliessenden Schottenanger (der Name rührt von dem vormaligen Benediktinerkloster - heute Don-Bosco-Werk - her, das auch als 'Schottenkloster' bezeichnet wird, da im hohen Mittelalter aufgrund des Kiliankultes viele Iren als Geistliche nach Würzburg kamen, die man seinerzeit auch 'Iroschotten' nannte) als zentralem Platz des Viertels, wenn man so will. Nach Norden hin fand das Viertel schliesslich seinen Abschluss in der Begrenzungsmauer vor Beginn der lang geschwungenen Mainkurve ca. auf der Höhe der gegenüberliegenden Stadtgrenze bei der alten Furt. Nach Westen hin reichte die Tiefe des Viertels nur einige wenige 100 Meter bis zum "Zeller Tor" gleich auf der Anhöhe, wenn man die gleichnamige Strasse dort heraufkommt. Gesiedelt wurde an diesem Platz wahrscheinlich schon seit der keltischen Fliehburg auf dem Marienberg im vorchristlichen Jahrtausend, in jedem Fall aber vermehrt ab der Zeit der fränkischen Landnahme um 500 n. Chr. herum. Eigentlich ist es auch so, dass der Festungsberg selbst zum Mainviertel gehört, denn früher hieß es 'die Feste Marienberg mit dem Meeviertel'. Wir wollen unseren Rundgang im Süden des 'Meeviertels' beginnen und gehen dafür von der Brücke aus zunächst nach links die Autostrasse auf dem Wall der ehemaligen Bastion entlang - beachten Sie bitte auch die kleine Bastion am Fluss (’Tivoli’) mit dem Wachhäuschen zur Beobachtung von Bewegungen auf dem Wasser - und vorbei an dem großen gotischen Hochchor von 'St. Burkard', bis wir kurz darauf zu dem "Burkarder Tor" mit der gleichnamigen Bastion gelangen, durch die es hindurchführt. Der Strassenname 'Saalgasse' geht auf den Saal des früheren Brückengerichts zurück. Von der Mainbrücke aus nach Süden stehen ein paar Häuser, sonst nichts. Das war nicht immer so - man ahnt es schon - und alte Pläne zeigen es. Das Haus mit der Nummer 6 sieht ein wenig unscheinbar aus, gehört aber zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten der Stadt und beherbergt Historisches. Hier ist mit der bereits im Jahr 1010 gegründeten "Fischer-Zunft" eine der ältesten Zünfte Deutschlands an der nach wie vor historischen Stätte zu Hause. Der Zunftsaal kann inklusive einer Sammlung zur Zunftgeschichte leider nur sehr selten auch besichtigt werden. Hinweis: Zu verschiedenen Themen finden Sie auf mein-wuerzburg.com Einzelartikel oder sonstige Links im Text, die ausführlicher beschreiben, als es diese "Plauderei des Rundgangs" tut. - Nutzen Sie die jeweiligen Informationen, wenn es Ihre Zeit erlaubt. TIPP: Die Strecken- bzw. Wegbeschreibung müsste im Text für diesen Rundgang ausreichen. Drucken Sie sich jedoch für die visuelle Orientierung am besten auch noch den Plan dieses Rundgangs als PDF aus oder nutzen Sie ihn am Smartphone oder Tablet. Unser Treffpunkt ist die ‘Alte Mainbrücke in ihrer Mitte! Dieser Rundgand durch das ‘Meeviertel’ nimmt in etwa 1,5 Stunden in Anspruch. Station 1: Burkarder Tor und Bastion Lassen Sie uns durch das Tor hindurchgehen; auf der alten Bogenpfeilerbrücke bleiben wir dann stehen und schauen uns um. Das "Burkarder Tor" ist eines von zwei noch erhaltenen Tore (auch das 'Zeller Tor' markiert einen ehemaligen Zugang zum Mainviertel) der ehemaligen Stadtbefestigung. Das Tor entstand in den 70er Jahren des 17. Jhdts. gemeinsam mit der darüber liegenden Bastion im Zuge des barocken Ausbaus der Stadtbefestigung durch den Stadtbaumeister Antonio Petrini. Stadtauswärts wirkt die Rustika- Gliederung unterhalb des Torgiebels trutzig und wehrhaft. Der Durchgang ist ungewöhnlich lang, da er unter der Bastion (muss man sich vorstellen wie eine kleine Burgverteidigung) fast an ihrer größten Ausdehnung hindurchführt. Auch die benachbarte Autostrasse führt in unseren Tagen hindurch, freilich im Sinne einer neuzeitlichen Unterführung. Auf der Bastion selbst finden wir heute die Burkarder Grundschule errichtet und eine Freifläche, groß genug, um z.B. in 1988 das erste "Umsonst & Draußen-Festival" aufzunehmen, als dieses noch nicht so bekannt war. - Wenn man über den Treppenzugang hinauf kommt, ist man erstaunt diesen Platz dort oben vorzufinden und versucht auszurufen, wie das nur sein kann. Toller Effekt. Zur Verteidigung konnte ein schweres Fallgitter herabgelassen werden und durch die Schiesscharten einer nebenliegenden Kasematte liess sich die langestreckte Brücke über den vor dem Tor liegenden 'Burkarder Graben' sozusagen auf Augenhöhe unter Feuer nehmen. Heute sehen wir hier eine kleine Grünanlage mit Teich angelegt, die angesichts der schweren Bebauung inmitten der Stadt unvermutet idyllisch wirkt. In alter Zeit gab es vor dem Tor eine Zugbrücke, die es verschliessen konnte. Die Burkarder Brücke führte über den gleichnamigen "Burkarder Umlaufkanal", welcher von hier aus durch einen Bastionstunnel - der Eingang ist ganz links am Berghang noch zu sehen) und hinter 'St. Burkard' (dafür wurde der Westchor mir seinen Türmen abgebrochen) entlang führte, bis er bei der 'Tivoli Bastion' - wir sind an der Strasse vorbei gelaufen - wieder in den Main führte. Hintergrund für die Anlage war es, mit den Lastkähnen und Fischerbooten die kleine Staustufe an der 'Alten Mainbrücke' zu umgehen, welche seit der Mitte des 17. Jhdts. zum Betrieb der dortigen 'Unteren Mainmühle' (eine Reaktion auf die Versorgungsnot im 30jährigen Krieg) angelegt worden war. Das damals geschaffene Streichwehr zur Mühle hin bestimmt noch heute das Schauspiel des Mains bei der 'Alten Mainbrücke'. Der Umlaufkanal war eine echte stadtplanerische Schau inkl. Schleuse und Pumpwerk zur Versorgung des Viertels und der bischöflichen Schönfärberei, welche auch zu mancher Verfärbung des Flusses beitrug. Am Fluss lag auf der Höhe des Umlaufkanals eine weitere Mühle, die 'Obere Mainmühle', deren Kapazitäten und Vielseitigkeiten ausserordentlich waren. Als nach dem 2. Weltkrieg linksmainisch die heutige Schleusenanlage für sogenannte Großschifffahrt entstand, wurde der Kanal endgültig nicht mehr benötigt und aufgefüllt. Schade eigentlich. Eine kleine Runde durch den im Torgraben angelegten Park unter der alten Brücke hindurch schafft Atmosphäre und weitere Perspektiven auf das Tor, den Festungsberg und z.B. den Verlauf des ehemaligen 'Umlaufkanals'. Station 2: Rund um ‘St. Burkard’ Wir gehen durch das Tor hindurch den Fußweg einige Meter zurück entlang des Weges, welcher auf der bergseitigen Strassenseite und dem Chor von "St. Burkard" hindurchführt. Um die Kirche herum bleiben wir bei dem Seitenportal des Langhauses mit dem Vorbau stehen und lassen dort erst einmal die gewaltige Unterschiedlichkeit der äusseren Erscheinung der Kirche zwischen romanischer Basilika und dem im Osten angesetzten gotischen Hochchor auf uns wirken. Mit der Gründung des zunächst 'St. Andreas' benannten Klosters "St. Burkard" zur Mitte des 8. Jahrhunderts am Fuß des steil aufragenden Berghanges entsteht ein erstes Ausrufezeichen der Nachhaltigkeit, welches natürlich auch die angrenzende Besiedlung stark befördert. Burkard war der erste Würzburger Bischof des von Bonifazius im Zuge seiner Maßnahmen zur Kirchenverwaltung im Jahr 742 gegründeten Bistums. Das ursprüngliche Kloster befand sich allerdings einige Dutzend Meter weiter am Ausgang des sogenannten Leistengrundes möglicherweise dort, wo wir heute eine ausgedehnte Strassenkreuzung vorfinden. Nach einem Brand wurde St. Burkard schliesslich um das Jahr 1033 herum in der Nachbarschaft am heutigen Standort als klar und in für die Zeit neu definierten architektonischen Strukturen in der Form einer 3-schiffigen Basilika mit Westwerk und 4 Türmen errichtet und 1042 geweiht. Verschiedene Ergänzungen und auch Abbrüche lassen heute den Kern des Bauwerks nicht mehr auf den ersten Blick erkennen, insbesondere weil der spätgotische Hochchor (um 1490 herum) den Blick auf das Wesentliche etwas verstellt. Weitere Ergänzungen sind das Seitenportal mit der als 'Paradies' bezeichneten und sehr sehenswerten Portalvorhalle aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts (dort ist auch die Figurengruppe 'Der Ölberg' von Jakob v. der Auwera' zu sehen) sowie die polygonale Erhöhung der Osttürme mit ihren Helmen in der Mitte des 13. Jahrhunderts, wie es dem Stil jener Zeit entsprach (siehe auch Osttürme des Domes in etwa zur gleichen Zeit). Das Westwerk und die dortige Krypta wurden mit dem Bau des 'Umlaufkanals' abgebrochen. Im Inneren finden sich Werke verschiedenster durch die Epochen der Stadt tätigen Künstler, von denen hier stellvertretend nur eine 'Riemenschneider-Madonna' genannt sei, welche - wohl um 1490 herum entstanden - dem Frühwerk des Meisters angehört. Das Einzigartige an St. Burkard ist jedoch, dass dieser Bau den endgültigen Übergang von der Ottonik zur Romanik markiert. Er gilt vielen als der erste tatsächlich romanische Sakralbau und nimmt damit eine herausgehobene Stellung in der Architekturgeschichte ein. - Besonders gut erkennen und mit dem Auge geistig nachzeichnen lässt sich das architektonische Grundkonzept, wenn man von der Festung aus einen Blick darauf wirft und sich dabei den wuchtigen, gotischen Ostchor wegdenkt. Schauen wir uns im Innern der Kirche etwas um. Der offene Seiteneingang führt nicht durch das 'Paradies' sondern einige Meter links davon zunächst in den gotischen Teil der Kirche. Insbesondere möchte ich ihre Aufmerksamkeit jedoch auf das frühromanische Kirchenschiff lenken. - EINZIGARTIG. Dort unter der Empore finden Sie in einer Bodenlinie u.a. die Ausdehnung der ehemaligen Krypta nachgezeichnet. Der ausgestellte Steinsarkopharg gehört zu dem Hl. Burkard, dem ersten Bischof Würzburgs. TIPP: Direkt bei der Kirche beginnt der grossartige Weinwanderweg, welcher zunächst die Stadtlage am Marienberg und dann diejenige über dem sogenannten Leistengrund bis schliesslich zur Festung hinaufführt. Es ist ein Wein-, Natur- und Urban-Erlebnis zugleich mit immer wieder wechselnden Ausblicken, ... einer spannender als der andere. - Wenn Sie Würzburg mit ein wenig Zeit besuchen, dann setzen sie diesen Weinspaziergang zur Festung bitte ganz oben auf Ihre Liste. Unser Weg führt nun entlang der "Burkarder Strasse", welche sich parallel zur Saalgasse (Autostrasse erhöht auf dem ehemaligen Festungswall entlang des Mains) bis zur 'Alten Mainbrücke' bzw. der Zeller Strasse erstreckt, in die sie mündet. - In dieser Strasse errichtete sich Balthasar Neumann auch ein erstes, eigenes Wohnhaus. Können Sie es am Stil identifizieren? Nein!? - Macht nichts. Es sind dann doch gleich mehrere Häuser, die er hier errichtet hat, Nr. 22, 28 - 32. TIPP: Dort wo der ehemalige Umlaufkanal wieder in den Main floss, kommt man von der Burkarderstrasse durch eine Unterführung zu den Mainwiesen und dem Biergarten "Die Goldene Gans". Das ist ansich nichts besonderes, wenn es da nicht einen besonderen Gerstensaft aus der eigenen Hausbrauerei gäbe. Diese ist in dem Gewölbekeller des Hauses 'Goldene Gans' (Burkarderstrasse 4) erst seit 1989 beheimatet, welcher in den ersten Jahren auch als Brauhaus bewirtschaftet wurde. Ebenerdig gibt es dort immer mal wieder verschiedene Pächter. - Und warum ein solches Projekt nicht einmal auch in der Neuzeit gestalten?! Es gibt die verschiedensten Biere, die alle eines gemeinsam haben; sie schmecken außerordentlich lecker! Das kann man gerne einmal versuchen. Nachdem es in Würzburg schon ca. 18 Brauereien gegeben hat, ist die 'Hausbrauerei Goldene Gans' zur Zeit die einzige Brauerei neben der "Würzburger Hofbräu". Von 'St. Burkard' kommend liegt das "Spitäle" linker Hand zum Ende der Strasse hin ziemlich genau gegenüber der verlängerten Brückenlinie über den Fluss. Dabei handelt es sich um eine spätgotische Kirche des damaligen Hofspitals der 14 Nothelfer aus dem späten 15. Jahrhundert, welche jedoch 1794 einen klassizistischen Umbau erhalten hat, der ihr besonders im Ausdruck für den eher kleinen Bau durch die sehr mächtigen Fassade (Eckpilaster und Säulen tragen Architraph und Giebelfeld) das heutige Erscheinungsbild verleiht. In dem Gebäude sind seit den 1980er Jahren wechselnde, zumeist beachtliche Ausstellungen des Verbandes der Künstler Unterfrankens (VKU) zu sehen und finden ausgesuchte Konzerte sowie kulinarische Abende statt. Von der Stadt aus gesehen führt der kürzeste Weg zur Festung hier an der 'Burkarderstrasse' gleich neben dem 'Spitäle' über die "Tellsteige" und Ihre Treppen. Die auch heute - trotz der Zerstörungen des Krieges - noch recht malerische Gasse hat ihren Namen nicht etwa von dem berühmten Kämpfer für Freiheit, sondern von dem Wort 'Telle', das sich auf eine Einbuchtung in der Topografie bezieht. Man könnte wohl auch von einer 'Delle' sprechen. Und diese Gasse hat auch so Ihre Stadtgeschichte. Dort wo heute die Treppe ('Tellstiege') endet und auf die weitläufige Grünfläche des Berges trifft, hat die Stadt einst das "Telltor" (1308) mit weiteren Abgrenzungsmauern vor dem Hintergrund der anhaltenden Spannungen zwischen Bischof und Bürgern errichtet, um genau kontrollieren zu können, wer in der Festung so ein und ausging. Kleinere Auseinandersetzungen waren in der Folge immer mal wieder eher die Regel als Ausnahme. Während des für Würzburg sehr blutigen Bauernkrieges 1525 wurde von hier aus auch die Festung mehrfach und letztlich erfolglos berannt. Und schliesslich war es möglicherweise auch genau diese Stelle, an der der schurkische Ritter Wilhelm v. Grumbach dem Fürstbischof Melchior Zobel aufgrund einer Fehde zusammen mit einer Schar gedungener Gestalten im April 1558 einen Hinterhalt stellte, in dem dieser mit dem Ruf "Pfaffe, Du musst sterben!" von Schüssen tödlich verwundet wurde. Zobel erreichte zwar beinahe noch die Vorburg, verstarb dort jedoch. - Den Schändlichen ereilte übrigens Jahre später zu Gera in einer anderen Sache das zu jener Zeit noch recht beliebte 'Vierteilen'. Ebenfalls an der 'Tellsteige' befand sich bis 1876 auch das bischöfliche Brauhaus (Würzburger Hofbräu), bevor es nach der Entfestigung an seinen heutigen Standort umzog. Parallel zur Tellsteige führt die 'Zeller Strasse' gewissermassen als Hauptweg die Anhöhe hinauf in Richtung des weiter draussen gelegenen Stadtteils 'Zellerau'. Diesen Weg schlagen wir ein und finden dort zu Beginn der Strasse die "grosse Zobelsäule", welche an das Attentat auf den Fürstbischof erinnert. Zwei weitere, kleinere Zobelsäulen entlang des Weges zur Festung hinauf sind an dem Ort aufgestellt, an dem der Verletzte nicht mehr weiterreiten konnte und schliesslich am Sterbeort kurz unterhalb der Burg. Station 3: Kaiserpfalz und Deutschhauskirche Auf halber Höhe liegt vor uns rechter Hand die gotische "Deutschhauskirche" aus dem 13. Jahrhundert und das sich anschliessende Konventsgebäude des Deutschordens von Antonio Petrini aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Kirche und der Ort als solcher sind einer Betrachtung wert. Dort nämlich, wo wir heute das Kirchenschiff sehen, befand sich bis nach ca. 1220 die Königspfalz von Friedrich I., genannt 'Barbarossa'. Diese wird, von der Strasse aus gesehen, ebenfalls das Gelände (Kirchhof) hinter der Kirche umfasst haben und war gewiss auch von der rechtsmainischen Stadtseite aufgrund ihrer erhöhten Lage gut zu sehen. Über die genaue Ausdehnung, die Gebäude, deren Anordnung und Ausgestaltung ist leider so gut wie nichts bis überhaupt nichts bekannt oder gesichert. Man weiss eigentlich nur, dass sie da war. Dennoch darf man annehmen, dass diese Pfalz so 'mickrig' oder zur Gänze unbedeutend nicht gewesen sein wird, denn Barbarossa - ein Reisekönig - hielt sich häufig und gerne in Würzburg auf. Hier hielt er nicht weniger als 8 Hoftage ab, empfing weitgereiste Delegationen und heiratete 1156 die ebenso schöne wie blutjunge Beatrix von Burgund. Diese Würzburger Kaiserhochzeit gilt immerhin als das prächtigste Gesellschaftsereignis des hohen Mittelalters und findet sich allegorisch vielfach beschrieben in den wichtigsten literarischen Werken des Mittelhochdeutschen. So ist es wohl doch mehr als nur Vermutung, wenn man davon ausgeht, dass dieser Ort seine repräsentativen Aufgaben erfüllt haben wird. - Nach dem Tod Barbarossas ging die Pfalz in den Besitz des Fürstbischofs über und fiel nicht etwa an Heinrich VI. als neuem König und römischem Kaiser. Die Gründung des "Deutschen Ordens" war eine unmittelbare Folge des dritten Kreuzzuges, auf dem der Kaiser Barbarossa in Kleinasien beim Baden starb. Die großzügige Überlassung der ehemaligen Kaiserpfalz 1219 an diesen Orden durch Bischof Otto I. von Lobdeburg und auch dessen Erhebung um 1200 herum in den Stand eines Ritterordens, an dem ebenfalls ein Würzburger Fürstbischof entscheidenden Anteil hatte, mag mit dieser Kausalität vielleicht zusammenhängen. Uns aus dem Geschichtsunterricht bekannt wurde der Deutsche Orden jedoch vor allem durch seine Siedlungsnahmen in späteren Jahrhunderten auf den Gebieten des heutigen Polen und Baltikum. Die Würzburger Niederlassung war als Kommende - das ist ein größerer Standort und Verwaltungssitz - durch weitreichende Schenkungen (diese Geschichten und Hintergründe sind allein schon hochspannend und wären Romanerzählungen wert) rasch zu Wohlstand gekommen und vor allem in den ersten beiden Ordensjahrhunderten auch sehr einflussreich. Dies betraf sowohl die Geschicke des Ordens, als auch diejenigen des Reiches. In späteren Jahrhunderten und wechselnden Ereignismomenten, wie beispielsweise der vollständigen Plünderung im Zuge des Bauernkrieges und Zerstörungen während des 30jährigen Krieges, beschränkte sich das Wirken der Kommende mehr und mehr auf die Verwaltung der umfangreichen Besitztümer. Davon zeugt auch der barocke Ordensneubau 1694 durch Antonio Petrini, den man von der Kirche über einen Durchgang sogar direkt erreicht. Immer häufiger traten Kleinadelige als Ordensbrüder in Erscheinung, die hier eine Heimstatt für sich fanden. Das Verhältnis zur Stadt darf man alles in allem als gut gelitten ansehen. - In Würzburg kam das Ende der Präsenz schliesslich mit der Säkularisation bzw. durch Napoleon höchstselbst in 1809. Der Orden als solcher besteht jedoch bis in unsere Tage hinein und widmet sich heute vor allem karitativen Aufgaben. Angesichts von Geschichte und Bedeutung der Niederlassung in Würzburg verwundert es nicht, dass bereits Mitte des 13. Jahrhunderts ein so beeindruckendes Bauwerk wie die Deutschauskirche entstand, welche nicht nur durch ihr so klares wie auch schlichtes, auf das wesentliche konzentriertes Raum- und Architekturkonzept ins Auge sticht, sondern auch aufgrund ihrer ganz eigenen Besonderheiten. Zu nennen wäre da beispielsweise die starke Neigung der Hanglage. Das ist normalerweise nicht der Ort, der sich gerade für einen hoch aufstrebenden Kirchenbau anbietet. Dann ist da auch das ausschließliche Seitenportal, die sogenannte "schöne Pforte" als Hauptzugang zur Zeller Strasse hin, auf die es nicht einmal in wirklich repräsentativer Weise treffen kann. Bei genauerer Betrachtung können Sie z.B. am linken Pfeiler noch die deutlichen Wetzspuren der Schwerter der Ordensritter erkennen. Eine alte Tradition. Und schliesslich natürlich der Schwibbogen unter dem westlichen Langhaus, welcher den Durchgang zum Schottenanger gewährleistete. Hierfür war eigens die päpstliche Genehmigung eingeholt worden; in der Geschichte die erste dieser Art. Das alles spricht für die Bedeutung und die Wichtigkeit, den gerade dieser Platz auf diese Weise für die Ordensritter besass. Es mag mit der Vorgeschichte zu tun haben. Zur Architektur des Bauwerks selbst möchte ich sie hier - wie auch anderenorts - nicht mit Fachsimpelei beeindrucken oder gar langweilen. Vielmehr möchte ich sie einladen, genau zu betrachten und nach ihren eigenen Eindrücken zu erspüren, welche Details sie dabei wohl ansprechen und warum sie das tun. Gestaltung und Anordnungen des Portals, Strukturen der Kreuzgrade im Gewölbe mit seinen Kappen, die Wirkung des Lichts und der hoch aufschiessenden Spitzbogenfenster, die Ausstattung des Innenraumes (leider als heute evangelische Kirche nicht immer durchgehend geöffnet), der im Ursprung romanische Turm mit der Kapelle im Untergeschoss, welcher wohl schon Bestandteil der Kaiserpfalz war u.s.w. ... - Viel Freude dabei, es lohnt sich. Station 4: Schottenanger Unter dem Schwibbogen hindurch erreichen wir nach ein paar Metern bereits den 'Schottenanger' genannten Platz (leider irgendwie nur Parkplatz heute) mit der Anlage des "Schottenklosters" (heute Don-Bosco-Werk), das im 12. Jahrhundert von bzw. für irische Mönche gegründet wurde, die man hierzulande eben "Iroschotten" nannte und die auf den Spuren ihrer missionierenden Landsleute und Märtyrer wandelten. Um 1500 herum wurde das Kloster allerdings wieder aufgegeben, kam unter verschiedene Verwaltungen, bis eine wechselvolle Geschichte es der Verwendung durch das Don-Bosco-Werk zuführte. Die ursprünglich romanische Klosterkirche “St. Jakob” efuhr im Lauf der Zeit viele Umbauten, so dass von der eigentlichen Anlage nicht so sehr viel nachvollziehbar bzw. nur für Leute vom Fach wirklich zu erkennen ist. Hier an diesem Platz beginnt aufgrund der Pilgertradition und natürlich nicht zuletzt wegen des dem Hl. Jakobus geweihten Ortes der 'Fränkisch-Schwäbische-Jakobsweg' nach Ulm. Eine Tafel am Seitenportal von 'St. Jakob' weist darauf hin. Eine weitere Erinnerung ist diejenige an Hanns Bohem, den 'Pfeiferhannes', der nach einer Marienerscheinung 1476 zur 'Wallfahrt nach Niklashausen' aufrief, welcher innerhalb von 3 Monaten bis zu 70.000 Menschen folgten, und der nach einer Intrige und einem Schnellverfahren hier auf diesem Platz im Feuer starb. Das Brisante an seiner Botschaft war, dass er ein göttliches Strafgericht über die Gier der Fürsten und Mächtigen prophezeite. - Er war damit auch so etwas wie ein Vorbote der Bauernaufstände, welche knapp 50 Jahre später folgen sollten. Seit 2001 erinnert eine Stele mit Relieftafeln an diese Ereignisse. Vom 'Schottenanger' führt uns eine kurze Strasse nach Westen zu einem Parkplatz und dem "Zeller Tor", das unter der dort noch vorhandenen Bastion hindurch führt. Zur damals sehr gelungenen Landesgartenschau 1990 gab es hier einen der Zugänge und war ausserdem der Informationsbereich sowie weiter unten bei den Parkplätzen beim Nautiland-Schwimmbad (indirekt sogar ein Projekt dieser LGS) das Versorgungsdorf mit diversen Imbissständen, Biertischen etc. untergebracht (in dem ich seinerzeit übrigens einen Sommer lang arbeitete). Gehen wir also zunächst durch das Tor und schauen uns die Situation von dem modernen Steg aus an, welcher in den ehemaligen Torgraben und dort auf das Gelände der LGS von 1990 führt. Station 5: Das Zeller Tor Das 1666 erbaute "Zeller Tor" ist dem 'Burkarder Tor' von der Befestigung der Anlage (Kasematten, Fallgitter, Krümmung des Durchgangs etc.), der baulichen Situation und den architektonischen Gliederungen her recht ähnlich. Beide wurden durch Antonio Petrini erbaut. Auch hier führte z.B. stadtauswärts eine langstreckte Arkadenbrücke über den breit angelegten Graben. Bei den Bauarbeiten zur neuen Strassenbrücke (Zellerstrasse) über das Gartenschaugelände wurden zwei Bögen dieser Brücke 1988 unerwartet freigelegt und in die Schau integriert. Wir sehen die beiden restaurierten Brückenbögen in der Verlängerung des Tores. Im Giebel der Aussenseite trägt das Tor das Wappen des ersten Schönbornfürsten Johann Philipp. Darüber schliesst sich ein Wachhaus für die Besatzung der Bastion an. Diese war eine der größten und am Stärksten befestigten, da ein Angriff sowohl auf die Stadt als auch die Festung von dieser Seite her für jeden Angreifer die meisten Möglichkeiten bot. Diese Bastion ist heute ein wunderbar wiesen- und baumbestandener Ort, an dem sich zur Gartenschau 1990 ein sogenannter Klanggarten mit faszinierenden Installationen befand. Leider ist sie aktuell aufgrund von baulichen Gefahren nicht mehr bzw. nur teilweise begehbar. Schade, sogar sehr schade. Drüben am 'Schottenanger' rückwärtig zur Don-Bosco-Kirche schliesst sich gegenüber eine weitere Bastion der früheren Anlage an, auf der sich einige Häuser und v.a. Einrichtungen von Don-Bosco befinden. Es ist alles in allem etwas schade, dass jenseits der Festung Marienberg die Stadt Würzburg seit über 150 Jahren noch immer wenig bis sehr wenig Wert darauf legt, ihre ehemalige Eigenschaft als Festung zu dokumentieren. - Sie können bei Interesse gerne am Schwimmbad vorbei ein Stückchen nach Norden gehen und sich dort z.B. die sehr spitz zugeschnittenen Flanken dieser Bastion an sehen. Als Teil des LGS Geländes lohnt sich der Weg allemal. Sowieso beginnt das Landesgartenschaugelände eigentlich bei der "Rankenpyramide" (bewachsene Stahlkonstruktion) an der Friedensbrücke bei der nördlichen äusseren Begrenzung des Mainviertels. Durch den sogenannten Luitpoldgraben mit viel Wasser, verschiedenen Gräsergärten und natürlich Blumengeschichten sowie dem noch heute von den Bauideen her sehr interessanten "Ökohaus" gelangt man zu dem 'Zeller Tor', an dem wir jetzt stehen. Im Torgraben liegt der für die Gartenschau angelegte Teich und Kneipp- Kräutergarten. Unter der Strassenbrücke hindurch geht es sehr weiträumig angelegt den 'Unteren und Oberen Höchberger Graben' durch für die Festungsverteidigung angelegten Mauerzügen hindurch bis schliesslich zu den im Westen des Marienberges gelegenen Anlagen auf dem Bergrücken hinauf. Angefangen mit einem sehr beliebten Spielplatz, dessen Wasserbauanlagen besonders für jüngere Kinder Abenteuercharakter haben (dient sogar familiär-urbanen Picknick-Gelegenheiten) über diverse Skulpturen, einem japanischen und einem schottischen Garten jeweils aus Partnerstädten, einem Rosengarten und etlichen weiteren Entdeckungsmomenten, Partnergärten und Anlagen für das Auge und die Seele. Inmitten der immer mächtiger werdenden Festungsmauern ist das besonders an einem sonnigen Tag auch viele Jahre nach der eigentlichen Landesgartenschau ein absoluter Genuss und ein Geschenk für das "Meeviertel". - Wandern Sie ruhig ein Stück dort hinauf, wenn Sie Zeit und Muße haben und womöglich die Sonne dazu einlädt. Eine andere Möglichkeit für den Abschluss dieser kleinen Runde durch das 'Meeviertel' ist der Spaziergang am Festungsberg bis zur Aussichtsplattform beim 'Neutorgraben'. Dafür gehen wir durch das 'Zeller Tor' zurück zur Innenseite und von dort dann über die 'Zeller Strasse'. Auf der anderen Seite dann rechts an dem Einkaufsmarkt vorbei und das parkartige Hanggelände bis eben zu dem 'Neutorgraben' hinauf. Der Aussichtspunkt findet sich dann natürlich im Osten und in Richtung des Flusses. Es gibt wohl keinen näheren und direkteren Gesamtblick über die Würzburger Altstadt. Direkt unter ihnen liegt die Burkarder Strasse mit 'Spitäle' an dem einen und 'St. Burkard' an dem anderen Ende. - Hier finden Sie auch das an den Bauernkrieg von 1525 erinnernde Denkmal. Dieser entlud sich an diesem Hang in besonders heftiger und intensiver Art und Weise. - Der direkte Weg zurück zur 'Alten Mainbrücke' führt von hier aus gewissermassen selbsterklärend, vorbei an einer der eingangs erwähnten 'Zobelsäulen' und durch die 'Tellsteige' hinunter an unseren Ausgangspunkt. Ein 'Brückenschoppen' oder der Biergarten 'Zur Goldenen Gans' bietet sich nun zum Ausklang und zur Einkehr wohl an.

Rundgang durch das “Meeviertel”