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Das Schloss unter den Schlössern "Das schönste Pfaffenhaus der Welt" - So oder so ähnlich bezeichnete Napoleon I. die Würzburger Residenz, in der er sich mehrfach aufgehalten hat. Man kann den etwas despektierlichen Kommentar des kleinen Franzosen schon nachvollziehen, denn man fragt sich beim ersten Anblick der Residenz, wie es wohl zu einem solchen monumentalen Schlossbau in einer Stadt kommen konnte, in der weder Könige noch Kaiser residierten. Gehen wir also zunächst der Geschichte vor der eigentlichen Entstehungsgeschichte etwas auf den Grund: Im frühen 18. Jahrhundert besetzte die Familie der Schönborns mehrere hohe und höchste geistliche Ämter im deutschsprachigen Raum. Als man um 1719 herum beschloss, so etwas wie einen neuen, repräsentativen Familienstammsitz zu errichten, waren dies z.B. Bischofämter in Mainz und eben Würzburg, dazu ein Schönborn als Reichskanzler in Wien. Standort dieser Residenz sollte zudem Würzburg auch deshalb werden, weil der zu dieser Zeit amtierende Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn die Festung Marienberg als Sitz eines Fürsten im absolutistischen Europa nicht mehr für standesgemäß hielt. - Mir hat sich dabei immer ein wenig die Frage aufgedrängt, ob man denn bei den Schönborns wohl plante, den Würzburger Bischofsstuhl zukünftig erblich ausschliesslich innerhalb der Familie weiter zu geben, ... oder wie sonst sollte das neue Schloss zu einem Familiensitz werden? Nun, wie dem auch sei, mit der der Planungsleitung wurde ab 1719/20 der eigentlich gänzlich unerfahrene Balthasar Neumann beauftragt. Den Impuls hierzu hatte der Mainzer Erzbischof gegeben. Allerdings werden ihm mit Lucas Hildebrandt, Dientzenhofer, Robert de Cotte & Germain Boffrand gleichwohl einige der profiliertesten Architekten und Baumeister jener Tage beratend zur Seite gestellt, welche alle auch gestalterischen und gliedernden Einfluss genommen haben. Und Neumann hatte durchaus Schwierigkeiten sich durchzusetzen. Eine seiner grossen Leistungen an diesem Bauwerk ist die schliessliche und vollkommen geschlossene Homogenität. Den Wünschen der Familie folgend plante er gross, mutig und in den Lösungen mitunter atemlos aufregend. So sind beispielsweise seine Eckgliederungen im Aufriss des Baus makellos proportioniert und komplett schlüssig durchdacht, das Nord- und Südoval mit der komplett in den Schlossbau eingefügten Hofkirche hat es so noch nicht gegeben, ebenfalls nicht die riesige und doch so leicht wirkende Freitreppe im Inneren des Mittelbaus, bis zu deren Stufen die Kutschen der Besucher mitten in das Schloss hinein vorfuhren, und natürlich hat es das über dieser Freitreppe und der Empfangshalle im Obergeschoss schwebende, völlig freitragende Gewölbe von ca. 680 Quadratmetern Fläche mit zudem dem gewaltigen Fresko (die Erdteile) von Tiepolo damals noch nicht und bis auf den heutigen Tag auch nie wieder gegeben. - Dieses Gewölbe brachte Neumann in große Bedrängnis, denn der renommierte Architekt Lucas Hildebrandt und praktisch alle anderen Baumeister waren der Meinung, dass dieses Gewölbe aus Stein unmöglich zu realisieren und umgehend in sich zusammenfallen müsse. Es wurde jedoch sein grösster Triumph und erhob ihn schon zu Lebzeiten über alle Architekten seiner Epoche. Und wie hat er das gemacht? - Neumann, der vor allem auch von seiner Vita in jungen Jahren her Ingenieur war, spannte in das Mauerwerk ein stabilisierendes Eisengeflecht ein, welches nicht nur entstehende Spannungen und Druck aufnahm, sondern auch Tragkraft mitbrachte. Die Idee dazu stammte wahrscheinlich von seinem Vorgänger als Hofbaumeister, Josef Greising, der für die Kuppel der Hauger Pfarrkirche im Kleinen schon einmal etwas ähnliches realisiert hatte. Und wie stabil die Freidecke Neumanns wirklich ist, zeigte die Tatsache, dass 1945 bei dem die Stadt vollkommen zerstörenden Luftangriff eine schwere Fliegerbombe als Blindgänger mitten darauf liegenblieb. Weder dieses Gewicht, noch die Hitze der wütenden Brände haben diese Decke zum Einsturz bringen können, so dass wir sie auch heute zusammen mit dem Fresko original erhalten bewundern können. Das sind die Geschichten, welche aussergewöhnliche Leistungen manches Mal auch erzählen. Der Bauplatz und die Lageausrichtung der Residenz sind mit Bedacht gewählt worden. Angebunden an die beiden östlichsten Bastionen der Stadtbefestigung (welche zu diesem Zweck so geplant worden war) erhebt sich das Schloss weit und monumental in ziemlich genau einer Linie am Ende der historischen fürstbischöflichen Machtachse aus Festung Marienberg, Alte Mainbrücke, Domstraße, Dom, Hofstraße, Freiplatz und Ehrenhof. Der Eindruck, den das gemacht hat, wenn man aus der mittelalterlich eng gedrängten Stadt heraustrat, muss kolossal gewesen sein. Die kombinierte Demonstration aus weltlichem Machtanspruch und religiöser Führerschaft war gewollt. Die Grundsteinlegung erfolgte am 22. Mai 1720 am Nordoval, der eigentliche Schlossbau war mit Unterbrechungen 1744 abgeschlossen. Bis 1779 folgen ebenfalls mit Unterbrechungen weitere Schmuck- und vor allem innere Gestaltungsarbeiten. Der damals klassische Typus von Land- und Stadtschloss vereinen sich hier in einem Bau: die Hufeisenform des Ehrenhofes (das berühmte Gitter von Johann Georg Oegg wurde allerdings schon nach der napoleonischen Zeit abgebaut) und die diesem abgewandte, besonders ausgebildete Gartenfront sprechen für den Stil eines Landschlosses, die Ausbildung mehrerer Innenhöfe in den Seitenflügeln für denjenigen eines Stadtschlosses. Der Maßstab aller Dinge jener Zeit war selbstverständlich Schloss Versailles des Sonnenkönigs Louis XIV. - Neumann reiste unter anderem auch nach Paris und studierte dort auch dessen Originalpläne. Letztendlich ist es so gekommen, dass die Residenz Schloss Versailles in vielen Lösungen und Details übertrifft. Französische Besucher der Residenz werden es wahrscheinlich nicht so gerne hören, aber baugeschichtlich muss man sagen, dass Versailles so etwas wie eine Etappe auf dem Weg zur Würzburger Residenz ist. Einmalig in der europäischen Baugeschichte sind in Art und Umsetzung auch die ovalen Pavillons im Süden und Norden. Im Aufriss ist die Massengliederung nicht einfach aneinander aufaddiert, sondern bildet eine kompakte, ineinander verzahnte Einheit. So sehen wir zum Beispiel auf der der Stadt zugewandten Schlossseite in der Gliederung jeweils zweimal anderthalb Geschosse zusammen gefasst und durch ein Gebälk voneinander getrennt, welches gleichzeitig auch den Sockel für den oberen Fassadenteil bildet. Eine Pilasterordnung gliedert die hoch gestalteten Fenstereinschnitte. Darüber Balustrade mit plastischem Schmuck und Mansardendach. An dem ikonografisch hervorgehoben Mittelbau springt zudem das Gebälk als Balkon hervor und schließt der Bau mit einen Dreiecksgiebel und reich besetztem Tympanonfeld ab. Die Ehrenhofseiten sind mit hervorgehoben Gebäudeecken und französisch beeinflussten Arkarden versehen. Der plastische Gebäudeschmuck stammt von Jacob bzw. Wolfgang van der Auvera. Auf ganz ähnliche Weise ließen sich auch die Gartenseite, Innenhöfe, Nord- und Südflügel etc. beschreiben, aber dieser Bericht soll ja nicht überfrachten, sondern möchte zur Wahrnehmung einladen. Sehen Sie sich das Gebäude in seinem ganzen gestalterischen Reichtum an. Nehmen Sie es mit Ihren Sinnen auf. Prägen Sie die Bilder und von Ihnen selbst entdeckten Details in Ihr Gedächtnis ein. Im Inneren fängt die Schau natürlich erst so richtig an. Insgesamt verfügt die Residenz über 400 Räume, darunter so einmalige Orte wie das Treppenhaus, den weißen Saal mit dem Stuckwerk von Bossi, den Garten- und den Kaisersaal, das Spiegelkabinett, den ovalen Saal im Nordflügel, den Toskanasaal und, und, und - das alles ist ziemlich einzigartig. - Hier haben einige der wichtigsten Künstler des 18. Jahrhunderts Hand angelegt. So stattete Johannes Zick den Gartensaal mit Fresken aus. Antonio Bossi definierte im Weißen Saal und im Kaisersaal das Ausstuckieren unter anderem durch seine Figuren völlig neu und begründete das Würzburger Rokoko zusammen mit Johann von der Auwera sowie auch dem Zierraten- und Ornamentschnitzer Ferdinand Hundt, welcher großen Anteil an der Raumausstattung hatte. Johann Georg Oegg ist der Schöpfer der schmiedeeisernen Tore rund um die Residenz, darunter die berühmte Arbeit des Rennweger Tores. Der vielleicht bedeutendste Maler seiner Zeit, Giovanni Battista Tiepolo schuf des Deckenfresko mit den 4 Erdteilen im Treppenhaus der Residenz sowie die "Kaiserhochzeit" (Friedrich Barbarossa heiratete 1156 in Würzburg Beatrix von Burgund) und die Belehnung mit der "Güldenen Freiheit" (machte aus den Bischöfen von Würzburg Fürstbischöfe mit weltlicher Macht) im Kaisersaal. - Und dies sind stellvertretend nur einige wenige im Kontext eines wahren Heeres an Kunstschaffenden, das hier mehr oder wenig zur gleichen Zeit in Würzburg tätig war. Die Residenz zu Würzburg ist die „Synthese des europäischen Barocks“ - also die Vereinigung der verschiedensten Barockstile zu einem eigenen und trotzdem einheitlich proportionierten Charakter. Im Erdgeschoss des Nordflügels ist heute zusätzlich das Bayerische Staatsarchiv untergebracht und in weiten Teilen des Südflügels die Altphilologien der Universität mit z.B. der Archäologie. Der dort gelegene Toskanasaal wird als Vorlesungs- und Veranstaltungsraum genutzt. Auch das Martin-von-Wagner-Museum der Universität mit Gemälde- und Antikensammlung ist hier untergebracht. In den umfangreichen und vor allem weitläufigen Gewölbekellern befindet sich die Staatliche Hofkellerei. Die Besichtigung (siehe bitte dort) mit exzellent erläuterter Weinprobe ist zwar nicht ganz billig, aber eine absolute Schau und ein Genuss. Öffnungszeiten und Eintrittspreise Geöffnet von April bis Oktober täglich zwischen 9:00 - 18:00 Uhr Geöffnet von November bis März täglich zwischen 10:00 - 16:30 Uhr, außer am 01.01., Faschingsdienstag sowie am 24.12, 25.12 und 31.12. eines Jahres Erwachsene zahlen 7,50 Euro Eintritt und ermäßigt 6,50 Euro. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt. Im Eintrittspreis enthalten ist eine Führung, die sich schon deshalb lohnt, weil manche Säle (z.B. Spiegelkabinett) nur so besichtigt werden können. Der Besuch des Hofgartens und der Hofkirche ist natürlich frei. Ebenso das Martin-von-Wagner-Museum der Universität im Südflügel (Eingang dort durch den Innenhof) der Residenz. TIPP: Der Schriftsteller Roman Rausch hat unter seinem kriminalistischen Pseudonym Jo Kilian im Februar 2018 einen historischen Residenzkrimi veröffentlicht: TIEPOLOS GEHEIMNIS. Die Handlung ist angesiedelt in dem Zeitraum der Entstehung des weltberühmten Deckenenfreskos von Giambattista Tiepolo. Ein geniales Verwirrspiel aus Rätseln, geheimnisvollen Figuren und Irrwegen lässt den fürstbischöflichen Hof des 18. Jahrhunderts vor einer barock-opulenten Kulisse des Absolutismus für den Leser am Vorabend der revolutionären Götterdämmerung überaus lebendig neu entstehen. - Kurzweilig erzählte Hochspannung und ein historisch solide wiedergegebener Lesegenuss von der ersten bis zur letzten Seite. Das ‘Umfeld der Residenz’ im Video des Altstadtrundganges Die 1. Station des Altstadtrundganges beschäftigt sich mit den Ereignissen rund um den ‘Residenzvorplatz’. Sehen Sie hier das entsprechende Kapitel aus dem Video des Rundganges, das Sie sich auf Mein-Wuerzburg.com in voller Länge auch auf der zuständigen Seite Altstadtrundgang anschauen können.

Residenz

Die Hofkellerei

Ein Blick ins Schlossinnere

Ein Blick ins Schlossinnere

Der Hofgarten

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